ZV 23313: Frey, Hermann Heinrich; Voluptiarius ecclesiastae
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VD 16-Nr.: ZV 23313 Kurztitel: Voluptiarius ecclesiastae Autor: Frey, Hermann Heinrich Druckort: Leipzig Erscheinungsjahr: 1596 |
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Autor:
Frey, Hermann Heinrich (1549-1599) , Pfarrer in Schweinfurt, Lutheraner. ADB 7 (1878), S. 359 und S. 796
Beiträger:
Willius, Nikolaus, Schulrektor in Schweinfurt, lateinisches Widmungsgedicht (Bl. A2r)
Titel:
Voluptiarius ecclesiastae. Das ist christlicher Unterricht wie alle frommen und gottfürchtigen Menschen jre wollust und zugelassene Freude von und an äußerlichen Ständen, Gaben und Gütern schöpfen und haben. Aus dem Prediger Salomon.
Drucker:
Beyer, Johann
Standort(e) im VD16:
Berlin SB
Inhalt:
Bl. A2v: Textus (aus den Sprüchen Salomonis) mit Kommentar: Der Mensch sucht nach der verlorenen Freude des Paradieses. Die Werke Gottes sind gut, aber der Mensch ist böse. Daher ist eine wahre Freude nur dann möglich, wenn sie zu Gott hinführt.
Der erste Teil steht unter der Frage, wer eine rechte christliche Freude haben könne, fragt also nach dem Subjekt der Freude. Voraussetzung sei eine geläuterte Freude des Herzens. Sonst führten alle Freuden nur zu der Sorge, sie wieder verlieren zu können. In allem ist immer der "exceß" zu vermeiden. Danach geht es im zweiten Teil um die Objekte der Freude. In der Einleitung dieses zweiten Teils (Bl. 26v) wendet Frey sich in gleicher Weise gegen die "sawrsehenden Stoicos" und die "Epicurischen Wollüste". Kapitelüberschriften des zweiten Teils:
1. Das erste Freudenwerk ist der Lehrstand
2. Vom Ampt und Ehren der weltlichen Oberkeit
3. Von der Ehe
4. Von Gold, Reichtum und Schätzen
5. Von Lustgebäuden
6. Von Fröhlichkeit in Essen und Trincken
7. Von Kleidern und Salben
8. Von der Musica.
Die erste erfreuende Gottesgabe ist die "Sapientia", die dem geistlichen Stand zugeordnet wird. Weisheit gibt es aber generell auch im Nährstand und im Obrigkeitsstand. Ausführlich werden die Gefahren verschiedener Formen der "Eitelkeit" behandelt, die aus der Sapientia entstehen können.
In der angegebenen Reihenfolge werden dann die verschiedenen von Gott geschenkten "Freuden" dargestellt, immer anhand von bestimmten Sprüchen Salomons und immer verbunden mit Warnungen vor der Eitelkeit, die aus diesen Freuden entstehen kann. Bei den verschiedenen "Lustgebäuden", dem fünften obiectum, ist u.a. übrigens auch vom "Weinbau" die Rede. Beim letzten obiectum, der Musica, bringt Frey als Warnung auch ein Exempel von Olaus Magnus, der von der Fähigkeit eines Musikanten in Dänemark berichtet, mit seiner Kunst die Menschen in den Wahnsinn zu treiben (Bl. 143).
Historischer Kontext
Das Überraschende an der Argumentation Freys ist, dass er die zugelassenen Freuden auf eine Ebene mit den drei von Gott eingesetzten Ständen stellt, so dass diese Freuden zu "Geschenken" Gottes werden, die aber verantwortungsvoll genutzt werden müssen. Die drei Stände legitimieren auf diese Weise das weltliche Leben und werden zugleich als "Freuden" dargestellt, während sie sonst üblicherweise hauptsächlich als disziplinierende Ordnungsfaktoren fungieren.
Zur lutherischen Dreiständelehre vgl. den Artikel über Hieronymus Wellers Haustafelauslegung, dort unter: “Historischer Kontext”.
Exemplarspezifische Besonderheiten:
Das Berliner Exemplar ist zusammengebunden mit 4 weiteren Schriften:
Vorgebunden:
1. Peter Glaser: Der gantze text der dreyen Bücher Salomonis. Der Sprüchwörter. Dess Predigers. Der Weissheit. Vnd Dess Buchs Syrachs. Vnter hundert vnd funfftzig Titel vnd Locos nach den tügenden vnd lastern der Zehen Gebot zusammen gezogen. Leipzig Steinmann 1572, VD16: B 3630.
2. Hermann Heinrich Frey: Eleemosynarius Ecclesiastae. Allmosengeber. Leipzig: Beyer 1591, VD16: F 2678 (es fehlt das Titelblatt und die gesamte Lage A)
Angebunden:
4. Mauritius Neodorp: Wanderstab, das ist, Trostschrifftlin, an Eine Hochbekümmerte Seele. Hanau 1614
5. Johann Könneke: Inventarium Syracidis. Das ist, Richtige zusammenverfügung aller u. jeder Sprüch u. Lehrpuncten [Jesus Syrach]. Magdeburg 1615
Im Ganzen umfasst der Oktav-Band fast 800 Blatt, wodurch das Buch ungewöhnlich dick ist. Auf den Vorderdeckel des Leder-Einbands sind die Initialien "MSB" und die Jahreszahl "1615" aufgepresst.
Die Titel sind thematisch zusammengestellt: Glasers Werk ist eine Neuanordnung der Sprüche Salomonis, der Weisheit und Jesus Syrachs nach den Zehn Geboten. In der Vorrede legt er dar, dass es in allen Sprüchen um die guten Werke gehe, die man tun solle, auch wenn diese nichts zur Seligkeit beitrügen. Auch in Freys Schrift über das Almosengeben geht es um das Problem der guten Werke. Dagegen handelt der "Voluptarius" über die zugelassenen Freuden, von denen in den Sprüchen Salomonis die Rede ist. Nach der im Vergleich zu den anderen Texten relativ kurzen Trostschrift an einen betrübten Sünder von Neodorp ist die letzte angebundene Schrift von Johannes Könneke wiederum eine Neuordnung der Sprüche von Jesus Syrach, dieses Mal nach einem komplizierten System verschiedener Ordnungsschemata, die auf einem vorgebundenen Faltblatt in einem umfangreichen Fließdiagramm zusammengestellt sind.
Literatur:
online: Walter Behrendt: Lehr-, Wehr- und Nährstand. Haustafelliteratur und Dreiständelehre im 16. Jahrhundert. Berlin 2009, S. 194f.