W 68: Wagner, Bartholomäus; Catholische newe Jar schankungen aller biblischen Bücher auf das 85. Jar

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Weitere Druckausgaben:


VD 16-Nr.: W 95

In: Bartholomäus Wagner und Georg Schwabe

Zwo Christliche Catholische Newe Jarspredigten

Ingolstadt: Elisabeth Eder 1599

auch in: Bochum UB (YSC 2066)

VD 16-Nr.: W 68

Kurztitel: Catholische newe Jar schankungen aller biblischen Bücher auf das 85. Jar  

Autor: Wagner, Bartholomäus

Druckort: Ingolstadt

Erscheinungsjahr: 1585



VD16-Link

W 68



Autor:

Wagner, Bartholomäus, aus Augsburg; keine biographischen Daten bekannt



Drucker:

Eder, Wolfgang


Format, Umfang, Signaturformel:

4°; [4] Bl., 38 S.


Standort(e) im VD16:

Eichstätt UB

Freiburg UB

München BSB

München UB

Wolfenbüttel HAB


weitere Standorte:

(In der Regel sind diese Standortangaben den Bibliothekskatalogen oder Verbundkatalogen entnommen. Daher ist nicht absolut sicher, dass die Exemplare tatsächlich der beschriebenen Ausgabe entsprechen. Wenn ein Exemplar autoptisch überprüft wurde, wird dies ausdrücklich vermerkt.)

Göttingen SUB: 8 TH MOR 78/9

Mannheim UB: Sch036/156 an 4

Tübingen UB: Gi 457.4

Überlingen LSB: an: Bc 233



Widmungsempfänger:

Widmungsvorrede an den Abt Georg von Ursber


Historischer Kontext:

Im 15. Jahrhundert war es üblich, zum Neujahrsfest Predigten zu halten, bei denen bestimmte Gegenstände des alltäglichen Lebens oder verschiedene Tiere gemäß den ihnen zugeschriebenen Eigenschaften an die Zuhörer als imaginäre "Geschenke" ausgeteilt wurden. Jedem Stand, wie etwa den Ehemännern und Ehefrauen, den Witwen, den Kindern, der Obrigkeit usw., wurde ein bestimmtes Tier oder ein Gegenstand "verehrt". Die Prediger bezogen sich damit auf den alten Brauch, zum Neuen Jahr den Nachbarn und Freunden kleine Geschenke zu machen. Zugleich fungierten diese Predigten als Ständeermahnungen, die oft durch überraschende Zuordnungen eine scherzhafte Note bekommen konnten. Eben wegen dieser Unernsthaftigkeit lehnte Luther diese Art von Predigten ab (vgl. in seiner Kirchenpostille von 1522: WA 10, 1, 1, S. 504; zu dem kirchlichen Brauch vgl. Fritz Bünger: Geschichte der Neujahrsfeier in der Kirche. Göttingen 1911, S. 114-126).

In der altgläubigen Kirche blieb diese Praxis vermutlich erhalten, wie man aus einem flämischen Predigtkonzept von 1545 ersehen kann (vgl. Willy L. Braekman: Nieuwjaarspreek met uitdeling van symbolische geschenken (1545). In: Ons Geestelijk Erf, 73 (1999), S. 198-207). Gedruckt wurden solche Predigten aber offenbar nicht. Nach dem Tod Luthers gab es einige protestantische Prediger, die von diesem alten Brauch berichten und ihn dabei nicht vollständig ablehnen (z. B. Johannes Mathesius und Johannes Gigas). Seit den 70er Jahren des 16. Jahrhunderts liegen dann lutherische gedruckte Predigten vor, die diese Art von Neujahrsausteilungen wieder praktizieren. (Zur Wiederaufnahme des alten Brauch bei den Lutheranern vgl. Walter Behrendt: Lehr-, Nähr- und Wehrstand. Berlin 2009 (Internetpublikation, Link s. u. unter "Literatur"), S. 242 - 266)

Ab etwa 1580 liegen auch katholische gedruckte Neujahrspredigten vor. Während sich die meisten dieser Predigten an das überkommene Schema halten, in dem eine bestimmte Reihenfolge der Stände (geistliche Stände, dann die weltliche Obrigkeit, anschließend die Stände des Hauses) vorgegeben ist und das wegen seiner Ähnlichkeit zur lutherischen Haustafel-Reihung auch bei den Lutheranern üblich war, hat Bartholomäus Wagner hier eine Form der Ständereihung gewählt, die keinem bestimmten Ordnungsschema zu folgen scheint. Außerdem hat er einzelne Personen in die Reihe eingefügt, denen er ebenfalls jeweils ein symbolisches "Geschenk" verehrt.

Bartholomäus Wagner brachte seit 1580 fast jedes Jahr eine Neujahrspredigt heraus, bis in die ersten Jahre des folgenden Jahrhunderts.



Inhalt:

Folgenden "Ständen" werden in dieser Predigt biblische Bücher oder Episteln als symbolische Geschenke verehrt:


1. Papst Gregor XIII

2. Ihrer Heiligkeit Theologus

3. Alle Geistlichen

4. Prediger

5. Zuhörer, geistliche und weltliche, hohen und niedrigen Standes

6. Kaiser Rudolph, Philipp von Spanien, die Erzherzöge Ferdinand und Karl

7. Wilhelm von Ober- und Niederbayern

8. Johanniter

9. Alle Obrigkeiten

10. Jungfrauen

11. Hofräte

12. Die ins geistliche Amt eindringen und gerne auf die Kirchweih der Katholischen kommen

13. Alle Liebhaber des Bauens

14. Eheleute

15. Witwen

16. Geistliche Jungfrauen

17. Allen, die Kreuz und Leiden haben

18. Bruderschaft vom goldenen Fluss [Goldenen Vlies]

19. Alle, die auf Dinge dieser Welt hoffen und dadurch „stolzieren“

20. Obrigkeit

21. Präceptoren

22. Untertanen

23. Welche zum Hochwürdigen Sakrament des Altars gehen

24. Die, die zweifelhaftig sind, von welchen Dienern sie das heilige Sakrament empfangen sollen

25. Die in der katholischen Kirche getauft und durch Verzauberung der Ketzereien aus ihr hinausgegangen sind

26. Die alten Katholischen, die im wahren katholischen Glauben sind

27. Knechte und Mägde

28. Alle Bischöfe, Weihbischöfe, Religiosen und in Sonderheit der Klerus von Augsburg

29. Die, die öffentliche Sünder gewesen sind, aber Reue und Leid haben

30. Einsiedler

31. Ein großer Haufen, der sich des bloßen Maulglaubens rühmt, fälschlich vertröstet, was er nutz sei

32. Welche Gewalt haben, in der Kirche zu reformieren

33. Ketzer

34. Ein heilsames Seelenpräservativ, allen katholischen, so mit und unter den Ketzereien wohnen

35. Kantoren bei den Hohen Stiften und Höfen und sonderlich am Domstift in Augsburg

36. Die ganze Welt

37. Notare und Schreiber

38. Die Stadt Augsburg

39. Die Juden

40. Alle Beichtväter

41. Heiden

42. Die Türken

43. Die großen Städte, die eines Propheten bedürftig sind, der ihnen von zukünftiger Strafe predige

44. Alle katholischen und wahren Prediger, so verfolgt werden

45. Welche nach vielfältiger Verzeihung der Sünden wiederum fallen, sich nicht bessern noch büßen

46. Welche den Geistlichen, so die Armut gelobt, das christliche Almosen geben

47. Welche in den Tag hinein leben, springen, tanzen und einen guten Mut haben

48. Welche Sorge für die Kirche haben sollen, als Kustoren, Heiligpfleger und Messner

49. Die, so Gott und der Kirche den Zehnten nicht geben

50. Die katholische christliche, allgemeine und allein seligmachende Kirche

51. Die jungen Kinder, die sich auch auf ein neues Jahr freuen


Der gesamte Text umfasst nach einer kurzen Einleitung 38 Seiten, sieben Seiten davon sind dem er­sten „Stand“ gewidmet, d.i. Papst Gregor XIII. Auf den restlichen 31 Seiten werden also 50 verschiedene „Stände“ und Einzelpersonen angesprochen, denen jeweils ein Buch oder eine Epistel der Bibel "geschenkt" wird. Einige Kommentare umfassen nur drei Zeilen oder gar nur eine Zeile Text (z. B. Nr. 31 und 32). Den Witwen (Nr. 15), denen, die leiden (Nr. 17) und den Präceptoren (Schulmeistern, Nr. 21) ist je eine Seite gewidmet, allen anderen Gruppen sehr viel weniger.


Digitalisat

München BSB


Literatur:

Theodor Brüggemann / Otto Brunken (Hrsgg.): Handbuch zur Kinder- und Jugendliteratur, Band 1: Vom Beginn des Buchdrucks bis 1570. Stuttgart 1987, Sp. 1892f, Nr. 940 (darin: kurze Inhaltsangabe - der Druck wird allerdings falsch datiert: "1586" -, sowie Inhaltsangabe der Neujahrspredigt von 1587).

online: Walter Behrendt: Lehr-, Wehr- und Nährstand. Haustafelliteratur und Dreiständelehre im 16. Jahrhundert. Berlin 2009, S. 261-264.