P 3812: Poach, Andreas; Eine Predigt aus dem Propheten Hosea Kap. 4 (LP G. Silberschlag)
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VD 16-Nr.: P 3812 Kurztitel: Eine Predigt aus dem Propheten Hosea Kap. 4 (LP G. Silberschlag) Autor: Poach, Andreas Druckort: Mühlhausen Erscheinungsjahr: 1572 |
VD16-Link
Autor:
Poach, Andreas
Verstorbener
Silberschlag, Georg
Drucker:
Hantzsch, Georg (nach VD16)
Druckort:
Mühlhausen (nach VD16)
Format, Umfang, Signaturformel:
8°; [38] Bl.; A4 - K2
Standort(e) im VD16:
Erfurt StB
Gotha FB
Halle ULB
München BSB
Wittenberg EvPS
Wittenberg LH
Wolfenbüttel HAB
Zwickau RB
weitere Standorte:
(In der Regel sind diese Standortangaben den Bibliothekskatalogen oder Verbundkatalogen entnommen. Daher ist nicht absolut sicher, dass die Exemplare tatsächlich der beschriebenen Ausgabe entsprechen. Wenn ein Exemplar autoptisch überprüft wurde, wird dies ausdrücklich vermerkt.)
Augsburg SuStB: 4 Bio 700-1189
Coburg LB: Lu 62,99
Dresden SLUB: Biogr. Erud. D. 1260
(unter: Prouchenius, Andreas: Predigt über der Leiche Georgii Silberschlags)
Inhaltsüberblick:
Die Schrift besteht aus verschiedenen Teilen:
Nach dem auszulegenden Bibelspruch stellt Poach gewissenmaßen als Einleitung dar, wie viele Prediger in den 22 Jahren, in denen er innerhalb des Erfurter Predigerministeriums gewirkt hat, schon begraben wurden (Bl. A2v - A3v).
Der Hauptteil der Predigt (Bl. A3v – D4v) handelt unter der Überschrift: “Von M. Silberschlags Ampt” vom Strafamt des Predigers und von den Sünden, die in der Stadt Erfurt überhand nehmen.
Am Ende der Leichenpredigt spricht Poach vom Leben Georg Silberschlags und von seinen letzten Tagen (B. E1r - F4v). Er verteidigt dabei die Position, dass in der konfessionell gespaltenen Stadt Erfurt in geistlichen Dingen beide Religionen streng getrennt bleiben müssen.
Es folgt (Bl. G1r - I4v, mit einem eigenen Titelblatt, aber mit fortlaufenden Blattsignaturen) eine weitere Predigt, die Poach schon drei Jahre zuvor gehalten hatte und in der es um das gleiche Problem der Trennung der Konfessionen geht: Predigt über den Spruch Elia I Reg 18 (im VD16 mit eigener Nummer: P 3813)
Den Abschluss bildet eine kurze Anrede: “An den Leser” (Bl. I4v – K2r), in der Poach den Grund erläutert, warum er diese beiden Predigten zusammen publiziert. Die Schrift endet mit einer Versifikation des 35. Psalms.
Inhalt:
1. Zum ersten Teil der Leichenpredigt:
Martin Bauer stellt in seinem Buch Erfurter Personalschriften 1540 – 1800. Beiträge zur Familien- und Landesgeschichte Mitteldeutschlands. Neustadt an der Aisch 1998, S. ... die familiengeschichtlich relevanten Fakten im ersten Teil der Schrift wie folgt zusammen:
“Nr. 799 Silberschlag, Georg der Ältere, gestorben 1572, Prediger an der Kaufmannskirche in Erfurt, Neunprediger, Professor der Hebräischen Sprache an der Universität. Leichenpredigt über Hosea 4,1ff. (Höret, ihr Kinder Israel, des Herrn Wort... denn es ist keine Treue, keine Liebe, keine Erkenntnis Gottes im Land ...) von M. Andreas Poach, Professor der Theologie, Pfarrer an der Augustinerkirche in Erfurt.
Personalia [von Georg Silberschlag]: geboren in Erfurt “bald nach 1532”, studierte in Erfurt und Jena und war dann Schulrektor und Nachmittagsprediger der Andreasgemeinde und wurde 1559 auch Nonarius (Ratsprediger an der Predigerkirche). Als M. Sigismund (Kirchner) gestorben war, wollte die Kaufmannsgemeinde ihn als Prediger haben. Er nahm an, blieb aber daneben auch Neunprediger. Er predigte das Gesetz und das Evangelium, strafte die Unbußfertigen und tröstete die betrübten Herzen und Gewissen. Manche wären ihn dann gern wieder losgeworden.
Er gehörte zu den starken Verteidigern des Evangeliums (etwa in dem Streit um Johannes Gallus). Er war ein homo candidus, ohne Falsch und Heuchelei. Der früh Verstorbene wurde bestattet am 17.2.1572.
Poach gibt eine Rückschau und gedenkt der tapferen Erfurter Pastoren, die unter den schwierigen Erfurter Verhältnissen dem reinen Evangelium, wie Luther es lehrte, den Weg gebahnt und es verteidigt haben. Poach hat den folgenden Kollegen die Grabrede gehalten:
Sigismund Kirchner, starb 1561, war 81 Jahre alt; 2. M. Hieronymus Henning, Pfarrer der Barfüßergemeinde, starb vor 8 Jahren;
ferner sind während seiner 22-jährigen Erfurter Amtszeit verstorben: Jacobus N.N., Pfarrer der Andreasgemeinde; - M. Sebastian Steude, an der Prediger-Kirche; - Leonhard Pelhofer (Palhöfer), an der Prediger-Kirche; - M. Georg Ingwiler, an der Reglerkirche; - M. David Stromer, an der Reglerkirche; - Johannes Caesarius an St. Thomae; - Johannes Hachenberg, an St. Michaelis; - Johannes Kröner, an St. Michaelis; - N.N. der Prediger am Großen Hospital (es handelt sich um Johannes Hiering); - ferner die 5 Diaconi oder Kapläne M. Krawel (Martin Grewel) und M. Michael Letsch an der Kaufmannskirche; - Johannes Gerhard, M. Ruicker und M. Esaias Stromer an der Barfüßer-Kirche. - Schon vor Poachs Amtszeit waren verstorben: Dr. Johannes Lang, Egidius Mechler an der Barfüßer-Kirche; Merten Grewel an der Augustinerkirche (so!) und Johannes Thal an der Kaufmannskirche.
Druck: Keine Angabe, 1572 (80 S.).
Wo zu finden: EM [Erfurter Ministerium] Eh 11 Nr.3; Stolberg [in Wolfenbüttel]: 21134; Braunschweig 6288.”
Martin Bauer fügt darüber hinaus noch Anmerkungen hinzu:
“Anmerkungen: zu den Personalien [von Silberschlag] kann ergänzt werden: Er heiratete um 1560 Barbara Gall, eine Schwester des Dr. Johann Gallus, sie starb 1597 an der Pest; 1574 heiratete sie als zweiten Mann M. Thomas Becker in Jena, der nach Erfurt zog und später hier Kämmerer war (vgl. M. Bauer, Erfurter Ratsherren und ihre Familien im 17. Jh. Neustadt an der Aisch 1989). Silberschlags Söhne: Esaias und Georg jun.; zu Silberschlags Schwager Johannes Gallus s. M. Bauer, Evangelische Theologen in und um Erfurt im 16. bis 18. Jh. Beiträge zur Personen- und Familiengeschichte Thüringens. Neustadt an der Aisch 1992, S. 158 (dort auch über alle genannten Erfurter Theologen). In der Bibliothek des Erfurter Ministeriums unter der Signatur Eh 11 Nr.1 und 2 findet man zwei Predigten von Georg Silberschlag, herausgegeben von Ludwig Helmbold und Andreas Herwig, die zu seinem Freundeskreis gehörten, dabei auch ein lat. Trauergedicht von Helmbold; Literatur: Motschmann II S. 519 ff.”
Soweit die Zusammenfassung und die Anmerkungen von Martin Bauer.
Die beiden bei Bauer angegebenen posthum herausgegebenen Schriften von Silberschlag haben im VD16 die Nummern S 6474 (Beiträger: Helmbold) und S 6476 (hrsg. von Herwig).
Auf die Auslegung des Bibelspruches in der Leichenpredigt und auf den Schluss der Schrift geht Bauer nicht ein.
Im Hauptteil der Predigt (Bl. A3v – D4v) beschreibt Poach unter der Überschrift: “Von M. Silberschlags Ampt”, wie dieser, in gleicher Weise wie der Prophet Hosea die Sünden seiner Zeit anklagte, die Missstände in Erfurt gegeißelt habe. Er übte sein Strafamt so gut aus, dass viele ihn gern wieder losgeworden wären. Alle Sünden, von denen Hosea spricht, gebe es auch in Erfurt: Mangel an Treue, Liebe und Gottes Wort, dafür ein Übermaß an Gotteslästerung, Lüge, Mord, Diebstahl, Ehebruch und Blutschuld. Ebenso wie Hosea in seiner Zeit ankündigte, gebe es daher göttliche Landstrafen wie Unwetter und Dürre. Deshalb sind die Strafreden der Prediger zur Ermahnung aller Menschen und zur Abwendung schlimmerer Strafen notwendig. Aber die Lästerer verachten die pflichtbewussten Prediger, und am schlimmsten sei es, wenn falsche Propheten sich auch noch auf die Seite der Lästerer schlügen.
Unter der Überschrift “Von M. Silberschlags Person” wird kurz das Leben und der Charakter des Verstorbenen beschrieben, und in dem darauf folgenden Teil der Leichenpredigt, in dem Poach von den letzten Tagen Silberschlags spricht, geht er auch ausführlich auf den schwebenden Streit innerhalb des Prediger-Ministeriums ein.
Am Ende fügt er eine weitere, etwas kürzere Predigt hinzu, die er schon drei Jahre zuvor in der gleichen Angelegenheit gehalten hatte. Auch hier geht es um die Definition der “bürgerlichen Gemeinschaft” innerhalb der Stadt und um die Grenzziehungen zum geistlichen Bereich.
Historischer Kontext
Es ging bei dem Streit innerhalb des Ministeriums schon drei Jahre zuvor um die Frage, ob die lutherischen Professoren an einem Gastmahl teilnehmen sollten, zu dem der kurz zuvor zum Rektor der Universität ernannte Schwager von Silberschlag Johann Gast alle Professoren geladen hatte. Da es dabei aber traditionell auch zu katholischen kirchlichen Zeremonien kam, waren Poach und Silberschlag strikt gegen die Annahme der Einladung. Die Mehrheit des Ministeriums, darunter auch Johann Aurifaber, war dagegen zusammen mit dem Erfurter Rat für eine friedensfördernde Politik in der konfessionell gespaltenen Stadt.
Poach bezieht sich in seiner Predigt u. a. auch auf die im selben Jahr erschienene Schrift von Tilemann Heshusen Frage. Ob ein rechtgleubiger Christ mit unchristen als mit Jüden, Türcken, Heiden oder mit offentlichen vberfürten Ketzern, Lesterern vnd Götzendienern ... müge Bürgerliche gemeinschafft haben, mit jnen essen vnd trincken. Jena 1572, VD16: H 3056; Königsberg 1572, VD16: ZV 7867; Königsberg 1575, VD16: H 3057. Er argumentiert, dass Heshusen tatsächlich seine, Poachs, Position bestätige, weil es in dem aktuellen Streit um geistliche Dinge gehe, während seine Gegner Heshusens Schrift fälschlich für ihre Ansichten beanspruchen würden. Er habe vielmehr gar nichts gegen den “bürgerlichen“ Umgang mit katholischen Nachbarn, wie etwa Nachbarschaftshilfe, gemeinsame Verteidigung der Stadt und das Verleihen von Geld gegen Zins, sehr wohl aber gegen den Umgang des Ministeriums mit führenden Katholiken.
Poach sieht in der Leichenpredigt schon voraus, dass er aus seinem Amt vertrieben werden würde, was bald darauf auch geschah.
Zur Amtsentlassung Poachs vgl. die Rechtfertigungsschrift des Erfurter Rates: Gründlicher vnd warhafftiger Bericht, aus was bestendigen vrsachen die beiden Pfarrer enturlaubt worden. Erfurt 1572, VD16: E 3729, digitalisiert in Halle ULB
Der Streit innerhalb des Erfurter Ministeriums wird kurz dargestellt bei Buchwald, „Poach, Andreas“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 26 (1888), S. 325-331.