Anhang zu R 3240: Roth, Heinrich; Catechismi Predigt

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[Vatermord in Lützelfluh]

in:

Heinrich Roth: Catechismi Predigt

Eisleben: Urban Gaubisch 1574

Bl. 108v -109v

VD 16: R 3241



HERR Gott thue mich berichten /

durch Christum deinen Son /

das ich möcht hier ertichten /

in der weis ein Liedlein schon.

Hilff heiliger Geist auff diesen tag /

so will ich wol singen ein jammerliche klag.


Als man zelt Tausend Fünffhundert /

Im neun vnd sechtzigsten jar /

Nu höret grosse wunder /

denn es ist offenbar.

Desgleichen hat nie kein Man erhort /

das im Schweitzerland sey geschehen /

ein solch jemmerliches Mordt.


Ein Marckflecken drin gelegen /

ist Lützelfluh genant/

Das sing ich euch gar eben /

ist manchem wol bekannt.

Drümb mercket drauff zu dieser stund /

was ich euch thue vermelden/

vnd machen allen kund.


In dem da ist gesessen /

ein Bürger gar wol bekannt /

Sein lob was hoch ermessen /

Lorentz Kopfferschmid genand.

Sein frömbkeit die verbarg sich nicht /

wo er hört von einem Armen /

den theilt er trewlich mit.


Also hab ichs vernommen /

das sing ich euch fürwar /

In sein alter ist er komen /

bis auff siebentzig jar.

Er war allzeit ein frommer Christ /

nu will ich euch erzelen /

wie es jm ergangen ist.


Auch het der Alt zween Söne /

nun mercket eben auff /

die thet er hertzlich lieben /

wie gemeiniglich ist der lauff.

Er het auch etlich Geld im Haus /

es war nicht lang darinnen /

ward jhm gestolen draus.


Der alt Man kam in leide /

das Geld jn rewet sehr /

Er besprach die Sön all beide /

die leugneten je lenger je mehr.

Bedachten auch zur selben frist /

wol vber jren alten Vater /

so gar ein grausamen list.


Der ein Son ist gewesen /

wol vmb die zwantzig Jar /

Darzu ein starcke Persone /

das sag ich euch fürwar.

Er war dem Vater worden gram /

drümb jn der Teufel hat getrieben /

bis er in angst vnd not kam.


Es begab sich auff einen abend /

wol vmb die Vesper zeit /

Der Vater thet den ersten Son fragen /

wo er das Geld hett.

Der Son der besan sich behend /

kom her du lieber Vater /

das Geld ich dir zeig an eim end.


Der Vater was zu muthe /

wie jm der Sone sagt /

Von dem verlornen gelde /

dem Son freundlich zusprach /

er frewet sich sehr vberaus /

er ging mit seinem Sone /

zu dem Marckflecken hinaus.


Der Vater vnd auch der Sone /

gingen mit einander auff den berg /

Er sprach widerumb zu dem Sone /

nu weis mir hie das Geld.

Der Son sprach widerumb behend /

hör zu mein lieber Vater /

wir haben gefehlt das end.


Sie gingen mit einander /

den Berg auff vnd wol ab /

Der Son war also behende /

warff dem Vater ein Strick an hals /

Der Vater sprach / mein lieber Son /

wiltu mich hie ermorden /

Gott wird’s nicht vngerochen lahn.


Nu höret zu noch weiter /

wie sich der Alte hielt /

Er zog ein Messer von der Scheiden /

den Strick schnit er entzwey.

Der Son der war jm zu behend /

vnd riss seim altenVater

das Messer durch die Hend.


Der Son den Vater thet schleiffen /

im wald so gar elend /

Zu einer hohen Eichen /

seinen Vater hat er dran gehenckt.

Das war ein grosser jammer vnd not /

es blieb nicht lange verborgen /

den Alten fand man tod.


Denn jammer thet man klagen /

eim Ersamen weisen Rath /

Wie es sich hett zugetragen /

wol mit dem Alten trat.

Da sprach so mancher weiser Man /

nu schweiget von diesen dingen /

wir wollens bald erfahren thun.


Nu mus es Gott erbarmen /

sprach mancher frommer Man /

Vnter Reichen vnd vnter Armen /

niemand wust wer es hett gethan.

Es war fürwar ein grosse klag /

Hilff Jhesu Christ von Himelreich /

das es kom bald an tag.


Von diesem Blut am Stricke /

ist worden mancherley red /

Ein argwohn thet sich schicken /

auff die Sön allbeid.

Nu giengen jmmer wort vmb wort /

wie die jungen Knaben /

jrn Vater hetten ermord.


Nach dem Richter thet man schicken /

gen Bern wol in die Stad /

Mit trawriglichem kummer /

das er jn besehen solt.

Er beschawt jn hin / beschawt jn her /

er sprach in seinem sinne /

die sach die wer nicht recht.


Die zwen Sön thet man fangen /

wol zu derselben stund /

Also ist es ergangen /

aber wie ichs verkündt.

So war der jüngest vnschüldig am Mord /

Doch hett er schuld am Geld /

wurd mit dem Schwerd gericht.


Aber sein ander Bruder /

welcher den Vater ermord /

Thet man an plag vnd marter /

wie jr solt hören fort.

Man schleifft jn her /

gleich wie er thet seim Vater /

nu höret zu noch mehr.


Darnach thet man jn zwicken /

mit gluenden Zangen drat /

Auch band man jn mit stricken /

wol auff die Brechen hart.

Man sties jm alle seine Glieder ab /

darnach thet man jn legen /

wie er hett verdienet auffs rad.


Einen Galgen macht man jm auffs Rad /

daran hat man jhn gehenckt /

Gleich als er nu sein leben endet /

mit Fackeln er jn besengt /

hiermit leid er gros not vnd quel /

Gott wöll sich doch erbarmen /

seiner betrübten Seel.


Dis Liedlein thue ich singen /

allein HERR zu deinem preis /

Lass vns gnad empfinden /

gib vns das Paradeis.

Gros lob vnd danck sey dir gesagt /

wol von mir armen Sünder /

bis in die ewigkeit / Amen.